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Wie schwer sich das Regierungspräsidium in Darmstadt mit Empfehlungen ihrer Fluglärmkommission am Flugplatz Egelsbach tut, zeigt der folgende Fall, der sich mit Lärm und Gefahren rund um den Flugplatz Egelsbach beschäftigt:
Der Einstieg der Firma NetJets im Jahr 2009 hat am Flugplatz Egelsbach zu einer deutlichen Veränderung des Flugzeugmix geführt. Während die Anzahl der Klein- und Sportflugzeuge, für die der Flugplatz ursprünglich konzipiert wurde, zurückging, stieg die Anzahl der Geschäftsflieger und Düsenjets.
Seitdem kam es zu zwei tödlichen Flugzeugabstürzen mit ähnlichen Absturzmustern.
Nach dem letzten Flugzeugabsturz vom 1. März 2012 im Anflug zum Flugplatz Egelsbach (siehe unser Artikel Bericht der BFU zum Flugzeugabsturz vom 1. Marz 2012), haben wir in enger Zusammenarbeit mit Experten der Luftfahrt u.a. den dafür relevanten Statusbericht im Bulletin der BFU (Seite 16 bis 62) intensiv ausgewertet und versucht, die Ursachen für die zwei fast identischen Absturzmuster zu verstehen (siehe Hinweis im Bulletin der BFU S. 45). Dabei wurde auch uns sehr schnell klar, dass das wesentliche Problem darin besteht, dass vor allem schneller fliegende Flugzeuge bei der Landung einen höheren Anspruch an die Sichtbedingungen stellen. Schnelle Jets haben einfach weniger Zeit, um auf ein Hindernis zu reagieren als langsame Sportflieger. Die Sichtanforderungen am Flugplatz Egelsbach sind aber seit Jahren nicht verändert worden, und entsprechen heute noch denen des alten Sportflugplatzes. Wie tückisch die Sichtbedingungen am Flugplatz Egelsbach sind, kann man u.a. auf Seite 35 Abs.1 lesen: „Die Besatzung eines in Egelsbach stationierten Polizeihubschraubers berichtete, dass ein Einsatzflug für die Suche der Unfallstelle ca. 15 Minuten nach dem Unfall aufgrund mangelnder Sicht abgebrochen werden musste.“ Die zahlreichen Empfehlungen der BFU deckten zudem Lücken in der Dokumentation zum Anflug am Flugplatz Egelsbach auf und verdeutlichen verschiedene Risiken. Hinzu kommt, dass der Unfall im Anflug zum Flugplatz um 18:56 erfolgte, d.h. nach den Regeln des Sichtflugverfahrens war es da schon Nacht (Sonnenuntergang am 1. März war um 17:47 + 30 Minuten). Das ist erlaubt, aber gefährlich.
Zu den schwierigen Sichtbedingungen kam also die Dämmerung, was für einen Jetpiloten hochriskant ist.
In der darauffolgenden Sitzung der FLK vom 4 Mai 2012 wurden unter dem Eindruck dieser dramatischen Entwicklung verschiedene Anträge gestellt, die auch die Sicherheit der Menschen in der Luft und am Boden verbessern sollten. Im Antrag der BI Erzhausen wurde die Empfehlung formuliert, Flugzeuge ab einem Gewicht von 5,7 Tonnen per Instrumentenflug zum benachbarten Rhein-Main-Flughafen zu leiten. Eine durchaus vernünftige Empfehlung die, wäre sie schon länger befolgt worden, vielen Menschen das Leben gerettet hätte. Als Vertreter der FLAG-E in der FLK hatte unser Antrag zum Ziel, dass man die Sichtanforderungen am Flugplatz Egelsbach und damit die Sicherheit im Anflug deutlich verbessert.
Beide Anträge wurden von den Mitgliedern der FLK mehrheitlich angenommen!
Am 4. September teilte das Regierungspräsidium Darmstadt der FLK mit, dass die Anträge als unzulässig zurückzuweisen sind und äußerte sich mit keinem Wort zum Sicherheitsrisiko am Flugplatz Egelsbach. Unsere darauf folgende begründete Beschwerde wurde kurzerhand vom Regierungspräsidenten am 10. Dezember aus rein formellen Gründen abgelehnt.
Das Regierungspräsidium hat hier alle seine rechtlichen Möglichkeiten genutzt, um erfolgreich die Empfehlungen ihrer eigenen Fluglärmkommission abzublocken. Dass Sie damit die sachliche Auseinandersetzung mit den Empfehlungen der Kommission verhindert, ändert an der Problematik allerdings nichts.
Wir erwarten, dass die Behörde endlich die Beratungskompetenzen ihrer eigenen Kommission ernst nimmt, auch wenn sich deren Empfehlungen nicht immer mit den wirtschaftlichen Interessen des Fluglatzbetreibers bzw. der Firma NetJets decken.
Die „Kommission zur Abwehr des Fluglärms am Verkehrslandeplatz Egelsbach“ (FLK) wurde gemäß Luftverkehrsgesetz (LuftVG) §32 Abs. 7 angeordnet, da am Flugplatz Egelsbach „aus Gründen des Lärmschutzes oder zur Verringerung der Luftverunreinigung durch Luftfahrzeuge ein Bedürfnis besteht“.
Als Bürgerinitiative vertreten wir in diesem Gremium die Schutzinteressen der Anwohner und schlagen immer wieder Maßnahmen zur Reduzierung von Fluglärm vor. Wir erleben dabei regelmäßig, dass Maßnahmen, die in irgendeiner Form die unternehmerischen Interessen des Flugplatzes einschränken könnten, von den Vertretern der zuständigen Behörden Kraft ihres Amtes oder in einseitiger Auslegung der Gesetze verhindert werden. Selbst Änderungen, die klar in den Beratungsauftrag der FLK gehören, werden an dieser vorbei entschieden und lediglich im Ergebnis mitgeteilt. Hier zwei Beispiele aus den vergangenen 24 Monaten:
- Am 1. April 2011 beantragte die Hessische Flugplatz GmbH (HFG) beim Regierungspräsidium Darmstadt (RP) die Änderung der Öffnungszeiten am Flugplatz Egelsbach. In der Sitzung der FLK vom 5. Mai 2011 wurde dieser Antrag unter „Verschiedenes“ (9.4. Information über geänderte Öffnungszeiten am VLP) bekannt gegeben. Bereits am 7. Juni 2011 erteilte das RP die entsprechende Genehmigung.
Diese Änderung des Planfeststellungsbeschlusses vom April 2002 wurde nie der FLK zur Beratung vorgelegt, obwohl die Erweiterung der Betriebszeiten Auswirkungen auf den Fluglärm vor allem in den Abendstunden hat.
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- Zum 15. August 2012 wurde die FLK zu einer Sondersitzung einberufen. Die Tagesordnung dazu wurde uns erst am 7. August zugestellt. Daraus war aber der genaue Inhalt der Sitzung nicht zu erkennen. Die aufklärende Dokumentation erhielten wir am 13. August, d.h. zwei Tage vor der Sitzung. Aber erst in der Sitzung wurde uns klar, um was es eigentlich ging: Die Firma NetJets hatte beim Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) einen Antrag auf Verlängerung des Instrumentenflugverfahrens bis über Rödermark beantragt. Die sogenannte ATS-Strecke T168 war bereits zum 23. August 2012 freigegeben worden.
Auch dies erfolgte ohne vorherige Anhörung der FLK, obwohl diese Erweiterung des Flugraums über bewohnten Gebieten der Städte Rödermark und Dreieich (Offenthal) Auswirkungen auf den Fluglärm und die Abgasentwicklung haben wird.
Mit dieser Vorgehensweise der Genehmigungsbehörden untergräbt man nicht nur den Sinn des gesetzlich angeordneten Beratungsgremiums, sondern man demonstriert ein totales Desinteresse an einer echten Bürgerbeteiligung. Aber auch wenn unser Handlungsspielraum an dieser Stelle sehr eingeschränkt wird, wollen wir weiter diesem Gremium angehören, damit wir wenigstens die Hintergründe für Änderungen am Flugplatz Egelsbach erfahren, die Auswirkungen veröffentlichen und uns rechtzeitig darauf einstellen können.
Liebe Freunde eines gepflegten Luftraums über Egelsbach und Umgebung,
aufgrund der vielen verschiedenen Vorgänge rund um das Thema Fluglärm seit Jahresbeginn, möchte ich hier kurz für Sie die wichtigsten Informationen zusammenfassen:
Erste Reaktionen auf den Flugzeugabsturz vom 1. März 2012
Als erste konkrete Reaktion auf den Flugzeugabsturz vom 1. März 2012, gab es am 30. März eine Pressemeldung des Regierungspräsidiums Darmstadt in der eine Einschränkung des Nachtflugs am Flugplatz Egelsbach für bestimmte Flugzeuge ab 4 Tonnen Gewicht bekannt gegeben wurde.(siehe auch Presseberichte zum Thema). Wir hatten uns am 8. März schriftlich mit unserer Forderung zur Sicherheit am Flugplatz Egelsbach an den Betreiber und die zuständige Behörde für eine umfangreichere Regulierung des Flugbetriebs am Flugplatz Egelsbach eingesetzt, wollen uns aber trotzdem mit den Auswirkungen dieser behördlichen Maßnahme befassen.
Mit Nacht ist hier die kalendarische Nacht gemeint, die z. B. am 1. März 2012 um 18.08 Uhr begann. Am Flugplatz Egelsbach, der auf Sicht (VFR) angeflogen wird, gilt noch eine zusätzliche Toleranz von weiteren 30 Minuten. Der Flugzeugabsturz vom 1. März erfolgte gegen 18:50 Uhr (!). Diese Betriebszeiteneinschränkung ist eigentlich ein guter Ansatz, denn für ortsfremde Piloten ist die schlechte Sicht bei Dämmerung ein zusätzliches Risiko, das jetzt erst mal entschärft zu sein scheint. Ausgenommen von dieser Einschränkung sind Flugzeuge, die in Egelsbach beheimatet sind und weiterhin mit Genehmigung der HFG bis 21:00 Uhr starten und landen dürfen. Dass die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) eine Einschränkung empfiehlt, lässt vermuten, dass in der vor Jahren zusätzlich genehmigten Ausweitung der Betriebszeiten die Ursache des Absturzes liegen könnte. Bei genauer Betrachtung ist diese Einschränkung der Betriebszeiten aber sehr marginal und spätestens am 29. April praktisch unwirksam, weil ab diesem Tag die Dämmerung nach 20:30 Uhr einsetzt und zuzüglich der 30 Minuten das Ende der Öffnungszeiten am Flugplatz überschritten wird. Wir sind deshalb mit dieser Maßnahme des RP nicht zufrieden und bleiben bei unserer Forderung, die großen gefährlichen Flieger von Egelsbach fernzuhalten.
Das Antwortschreiben der HFG, welches durch einen Brief des Vorstandsvorsitzenden der Firma NetJets, Herrn Eric Connor, flankiert wurde, war dagegen nichtssagend. Aus der für globale Konzerne typischen unverbindlichen Schreibweise erkennt man nur deren Unzufriedenheit mit unserem Hinweis, dass die Firma NetJets selbst den Flugplatz Egelsbach mit ihren großen Jets nicht anfliegt. Der Rhein-Main-Flughafen und auch Frankfurt-Hahn werden gemäß der eigenen Sicherheitsbewertung („additional safety assessment“) dagegen regelmäßig angeflogen.
Und wie reagieren Öffentlichkeit und Politik?
Generell ist das Bewusstsein für mögliche Flugzeugabstürze rund um den Flugplatz seit dem 1. März bei den Anwohnern gestiegen. Dazu tragen die konkreten Erfahrungen mit den drei tödliche Abstürze der letzten 27 Monate bei. Aber auch in der Theorie sind den Verantwortlichen in der Gemeinde Egelsbach seit vielen Jahren die Risiken durch Starts und Landungen am Flugplatz Egelsbach objektiv bekannt. Deshalb ist es unnachvollziehbar, warum rund um die politische Nachbearbeitung in der Gemeinde Egelsbach, die leider zu keiner Position bzw. Forderung des Gemeindevorstandes oder der Gemeindevertretung gegenüber der Genehmigungsbehörde geführt hatte, über „unbegründete und diffuse Ängste“ gesprochen wurde. Ein Blick in den „Bedarfs- und Entwicklungsplan für die Freiwillige Feuerwehr der Gemeinde Egelsbach“ genügt z. B., um sich über die Fakten zu den Risiken zu informieren. Da steht dann unter anderem: „Es bestehen im Gegensatz zu anderen Gemeinden entsprechende Risiken durch den beruflichen sowie privaten Flugbetrieb. Der Flugbetrieb in Verbindung mit dem Überfliegen der Großmärkte und der Bahnlinie stellt neben der Fa. Röder Präzision als Störfallbetrieb das größte Gefahren- und Risikopotential innerhalb der Gemarkung Egelsbach dar.“ Sogar die Anzahl möglicher Flugzeugunfälle wird im Bericht klar dokumentiert. Wir sollten also nicht darüber diskutieren ob es Flugzeugabstürze geben kann, sondern wie groß die Risiken der Kollateralschäden durch die immer größer werdenden Flieger am Flugplatz Egelsbach noch werden sollen.
IFR oder nicht IFR, das ist hier die Frage
Die Firma NetJets hatte ja im Jahr 2009 beim Einstieg in die HFG unmissverständlich die existenzielle Bedeutung eines Instrumentenlandesystems für ihren Flugplatz in Egelsbach betont. Im Zusammenhang mit dem dramatischen Absturz vom 1. März kam das Thema IFR, d.h. das Fliegen nach Instrumentenflugregeln, mit entsprechender Bordtechnik wieder einmal auf den Tisch, und es ergab sich eine teils sehr unsachliche Diskussion darüber, ob mit diesem Anflugverfahren die Flugzeugabstürze hätten vermieden werden können. Nicht zu verwechseln ist IFR (Instrumentenflugregeln) mit ILS (Instrumentenlandesystem), d.h. einem bodenbasierten High-Tech-System, das auch bei schlechten Sichtbedingungen Präzisionsanflüge möglich macht. So ein ILS, das auch von NetJets am Rhein-Main-Flughafen und Frankfurt Hahn genutzt wird, war für Egelsbach nie vorgesehen, weil es einfach viel zu teuer ist. In den Presseberichten des letzten Monats liest man zudem, dass selbst die Sprecherin des Flugplatzes Zweifel daran hat, ob die Unfälle mit IFR hätten vermieden werden können. Da hat sie auch völlig Recht, denn gegen Pilotenfehler oder fehlerhafte Instrumente bzw. deren Nutzung hilft IFR nicht. Taktisch war dieser Hinweis aber auch sehr klug, da man bei NetJets langsam erkennt, wie groß der Widerstand gegen ein solches Verfahren am Flugplatz Egelsbach ist. Für mehr Klarheit sorgten verschiedene Hinweise in den Medien, wo zuletzt Herr Raab von der DFS deutliche Hinweise zum Problem gab. Mehr und genaueres fanden wir in einer Sonderausgabe des Magazins der Gewerkschaft der DFS auf den Seiten 15 – 17. In Kurzform: IFR in Egelsbach führt zu Kapazitätseinschränkungen bei der Fraport und ist somit kaum durchsetzbar.
Fluglärm durch den südlichen Gegenanflug zum Rhein-Main-Flughafen
Unsere Protestaktion vom August 2011 zeigt ebenfalls erste konkrete Wirkung. Nachdem sich der Landrat des Kreises Offenbach, Herr Oliver Quilling, umgehend für unsere Sache eingesetzt und unter anderem einen Termin bei der DFS für uns organisiert hatte, kam nun auch endlich die schriftliche Antwort des Herrn Ministerpräsidenten vom 20. März 2012. Eine der Maßnahmen, die im „Forum Flughafen und Region“ Maßnahmen beschlossen wurde, ist die Erhöhung der Mindestflughöhe um 1000 Fuß, was uns zumindest etwas Entlastung bringen wird.
Unabhängig davon setzen wir weiter auf die recht erfolgversprechende Klage der Gemeinde Egelsbach gegen den geänderten südlichen Gegenanflug.
Verkürzung der Nordplatz-Runde am VLP Egelsbach
Zu diesem Thema, das durch den Antrag Nr.: 2012-03 der WGE „Flugroutenänderung Heli Transair“ in der Gemeindevertretung Egelsbach initiiert wurde, gibt es zurzeit nichts Neues. Wir sehen hier kurzfristig keine Veränderungen und warten mal ab, ob dazu in der nächsten Sitzung der Fluglärmkommission im Mai etwas kommt, worüber wird dann berichten werden.
Fluglärm-Beschwerden
Als Mitglied in der Fluglärmkommission des Flugplatzes Egelsbach haben wir auch Einblick in die Statistik der Beschwerden von Bürgern über Fluglärm. Diese Zahlen sind massiv rückläufig, was die Interpretation erlaubt, dass es wohl weniger Anlass zu Beschwerden gibt. Die Ursache liegt aber eher darin, dass die Beschwerden am Bürgertelefon der HFG enden, denn die dort erreichbare PR-Mitarbeiterin des Flugplatzes muss nicht alle Anrufe an die zuständige Behörden weiterleiten. Die richtigen Adressaten sind das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung in Langen und das Regierungspräsidium im Darmstadt. Nur die Beschwerden, die dort ankommen, werden korrekt erfasst. Ich möchte Sie bitten, Ihre Beschwerden nur an diese Stellen zu richten. Außerdem möchten wir den bisherigen statistischen Fehler korrigieren und bis 31. Mai intensiv die Beschwerdewege korrekt nutzen, natürlich nur soweit ein Grund zur Beschwerde gegen Fluglärm vorliegt.
Ich wünsche Ihnen schöne Feiertage!
Günther de las Heras
1. Vorsitzender
Flug-Lärm-Abwehr-Gemeinschaft-Egelsbach e. V.
63329 Egelsbach
https://www.flag-egelsbach.de
Wenn es draußen friert und schneit, bleiben Mädchen oder Buben hübsch daheim in ihren Stuben…und vertraut man dann den Ohren, scheint der Flugplatz tiefgefroren. Wie dem auch sei, Anfang November las man im Internet Netjets plant, fast 500 Piloten in den Urlaub zu schicken und Netjets-Feierschichten möglich, vielleicht 560 Piloten betroffen bei einer weltweiten Mannschaft von 3.000 Piloten – und Anfang Dezember las man im Artikel The Fractional Market, dass NetJets sich von 5% seines Personals trennen will.
Während die Deutsche Flugsicherung bezogen auf Frankfurt und die ersten acht Wochen des Jahres nicht mehr als 1% Zuwachs gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres an registrierten Flugbewegungen verbucht, sieht die Statistik Januar bis Februar 2010 für Egelsbach ganz anders aus: Die Flugbewegungen haben gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres um 46% abgenommen! Dabei haben die Bewegungen der Hubschrauber um 42%, die der Klasse C (5,7 bis 14t) um fast 49%, die Bewegungen des Schulungsverkehrs um fast 55% abgenommen. Dies dramatische Ergebnis relativiert sich ein wenig, wenn man die Zahlen für Februar 2009 und Februar 2010 vergleicht, wir also näher ans Frühjahr rücken: Der globale Rückgang beträgt dann immerhin aber noch 32%.
Man kann darüber spekulieren, was nun den meisten Einfluss hatte, die allgemeine Wirtschaftskrise, die Krise des fractional business model (das Geschäftsmodell der Teilhaberschaft – hier: am Privat-Flugzeug) im Besonderen oder aber die extremen Wetterlagen dieses Winters mit vermutlich häufig ungenügenden Bedingungen für den Sichtflug. Wir haben dazu aber keine Statistik.
Es könnte jetzt noch einen weiteren Grund für ein etwas selteneres Fliegen der etwas weniger betuchten Nutzer von kleineren bis mittleren Propellerflugzeugen geben: Maschinen mit einem Baujahr vor dem Jahr 2000 hatten bis dato einen Bonus von 4 Dezibel, um gemäß Lande-Platz-Lärmschutz-Verordnung (LLV) als ausgerüstet mit „erhöhtem Schallschutz“ zu gelten. Sie konnten mit dieser Eigenschaft eine bis zu 50% ermäßigte Landegebühr bei der HFG für sich reklamieren. Diese Vergünstigung für die alten Maschinen ist ab dem 01.01.2010 ausgelaufen gemäß LLV. Die Frage ist aber, ob die HFG diese vom Gesetz mal vorprogrammierte strengere Definition von „erhöhtem Schallschutz“ auch in ihrer Gebührenordnung berücksichtigen will oder gar berücksichtigen muss. Wenn es der Politik gelingt den Atomausstieg zurückzuholen, dann kann die Lobby vielleicht auch bei diesem versteckten Detail erfolgreich sein.
Es bleibt noch die folgende Frage: Ist es angesichts der drastischen Abnahme der Flugbewegungen auch entsprechend leiser geworden? Die Messberichte für die beiden Messstellen Erzhausen und Egelsbach können zu den registrierten jeweiligen monatlichen äquivalenten Dauerschallpegeln Auskunft geben:
dB(A) |
Januar 2009 |
Januar 2010 |
Februar 2009 |
Februar 2010 |
Erzhausen |
50,8 |
51,0 |
50,3 |
50,5 |
Egelsbach |
53,2 |
50,5 |
52,8 |
51,9 |
Danach ist es an der Messstelle Erzhausen völlig unabhängig vom Verkehrsrückgang in beiden Monaten im Vergleich zum Vorjahr um 0,2 dB(A) lauter geworden! An der Messstelle Egelsbach ist es dagegen im jeweiligen Vergleich zum Vorjahr um 2,7 dB(A) im Januar und um 0,9 dB(A) im Februar leiser geworden. Der Egelsbacher Befund entspräche entsprechend der Umrechnungstabelle der Bundesvereinigung gegen Fluglärm rechnerisch bei gleich bleibendem Flugzeugmix einer Verkehrsabnahme um 86% bzw. 23%. Die reale Abnahme gegenüber Januar 2009 betrug jedoch „nur“ ca. 57% und gegenüber Februar 2009 „nur“ ca. 32%.
Gibt es eine Möglichkeit, wenigstens diese völlig gegensätzlichen Ergebnisse für Erzhausen und Egelsbach annähernd plausibel zu erklären? Die Wind- und Betriebsrichtungsstatistik des Deutschen Fluglärmdienstes (DFLD) für den Frankfurter Flughafen zeigt uns, dass wir vom 1. Januar bis 12. März 2010 zu ca. 62% eine sog. Ostwetterlage hatten. Das würde bedeuten, dass die Jets nicht nur die Egelsbacher Runway 09 im Westen für Starts und für Landungen vorzugsweise nutzten, sondern dass der Ostwind auch den Lärm der Starts und des Umkehrschubs bei der Landung vorzugsweise nach Erzhausen trug. Es würde auch erklären, warum die „Winterflaute“ des Egelsbacher Flugplatzes in Erzhausen vielleicht etwas anders wahrgenommen wurde als in Egelsbach.
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